Treffen sich das Private, das Öffentliche, das Politische und die Kunst. Kommt ein Flamingo dazu…

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Treffen sich Tanz, Musik, Performance, Film, Literatur und Konzeptkunst. Kommen rauchende, kranke, geflüchtete, Sport treibende, alte, pflegende, kriechende, postende, wohnende Menschen dazu…

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Neue Verordnungen weisen den Schnecken den Weg in einen neuen Freiraum.

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Freiheit liegt jenseits eines geordneten Festivalprogramms. Ein Festival riskiert sich.

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Die Lage bleibt vorhersehbar unklar. Um die Ungewissheit ordnet sich eine neue Realität.

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Ungewiss sind die Orte und Zeiten eines neuen Ausbruchs: erlaubte Ansammlungen von rauchenden, kriechenden oder tanzenden Menschen.

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Ungewiss ist, wann und wo Sie zum Publikum werden. Oder zu Mitwirkenden. Unvermutet.

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Die Wirtschaft wächst nicht mehr. Die Kunst irritiert nicht mehr. Stuttgart ist (sich) nicht mehr sicher. Zeit für neue Verbindungen, neue Verwandtschaften, neue Wege. Zeit für eine pandemische Utopie!

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The Aging Body and Memory

Boglárka Börcsök und Andreas Bolm beschäftigen sich in ihren beiden Arbeiten mit dem gealterten Körper und der Erinnerung. Der Film THE ART OF MOVEMENT portraitiert auf eindringliche Weise Irén, Éva und Ágnes, drei über 90-jährige Tänzerinnen aus Budapest, die zur frühen Bewegung des Modern Dance in Ungarn gehörten. In der Rolle einer Tanzschülerin zeichnet Boglárka nach, wie die drei ihr Leben und ihre Bewegungspraktiken transformierten, um die sozio-politischen Veränderungen des letzten Jahrhunderts zu überleben. In der Performance FIGURING AGE setzt Boglárka den Dialog mit ihren Protagonistinnen fort, indem sie die Tänzerinnen verkörpert. Mit ihrem jungen Körper bringt sie die alten Körper zum Ausdruck und schafft eine intime Begegnung, die den Geist von Irén, Éva und Ágnes hervorbringt. Eine Choreographie der Erinnerungen.

The Art of Movement

(60 Min., ungarisch mit englischen Untertiteln)

Ein Film von Boglárka Börcsök

In Zusammenarbeit mit Andreas Bolm

Ein Tanzfonds Erbe Projekt

© 2020 Boglárka Börcsök & Whole Wall Films

 

Figuring Age

Konzept & Performance: Boglárka Börcsök

Künstlerische Mitarbeit: Andreas Bolm

Sprache: englisch

 

Mittwoch 22. Juli, 19:00 und 21:00 Uhr, Theaterhaus T3

The Art of Movement (Film)

 

Donnerstag, 23. Juli, Freitag, 24. Juli und Samstag, 25. Juli,

jeweils 16:00, 16:45, 18:15 und 19:00 Uhr, Hospitalhof

Figuring Age (Performance und Installation)

 

Mehr Informationen

Das erste Mal, dass ich mit einem gealterten Körper in Berührung kam, war die Zeit in der ich meine Großmutter pflegte. Ich besuchte sie häufig, fütterte und wusch sie. Ihren alten, nackten Körper zu sehen und zu berühren, bewegte mich und veränderte die Wahrnehmung meines eigenen, jungen, weiblichen Körpers.  Ich begann meine eigene Position und Arbeit als junge Tänzerin und Performerin kritisch zu hinterfragen. Mir wurde mehr und mehr bewusst, wie sehr der virtuose und vitale Körper den zeitgenössischen Tanz in Europa dominierte.

 

Im Jahr 2015 hatte ich die Gelegenheit in Budapest mehrere ältere Tänzerinnen zu treffen, die damals alle zwischen 80 und 107 Jahre alt waren. Da ich mit einigen dieser Frauen arbeiten wollte, aber wusste, dass ich sie aufgrund ihres hohen Alters weder auf die Bühne, noch aus ihren Wohnungen holen konnte, beschloss ich mit dreien der Tänzerinnen den Film „The Art of Movement“ zu drehen. Irén Preisich, Éva E. Kovács und Ágnes Roboz waren einst Teil der Avantgarde- und modernen Tanzszene in Ungarn.

Während der Dreharbeiten wechselte meine Rolle zwischen Beobachterin, Dialogpartnerin und Tanzschülerin. Um ihre Körper und Erinnerungen zu stimulieren, begann ich mit Irén, Éva und Ágnes zu proben. Dieses körperliche Engagement setzte sich während des Filmschnitts fort. Während ich mir das Filmmaterial wieder und wieder ansah, begann ich die Gesten, Bewegungen und persönlichen Geschichten der Frauen zu studieren. Die drei Damen traten wie Geister in mich ein, und ich begann sie aufzuführen.

 

Die Verkörperung von Irén, Éva und Ágnes ist eine Arbeit des ständigen Werdens und sich Verwandelns – ein Vertigo. Der alte Körper enthält nicht nur einen Körper. Vielmehr sind es mehrere Körper geschichtet in Zeit und Verfall, in Erinnerungen und Erfahrungen.

 

Figuring Age verwebt die Erzählungen und Erinnerungen der alten Tänzerinnen mit ihren alltäglichen Gesten, Posen und Tanzbewegungen. Die Langsamkeit und zerbrechliche Schwere ihrer Körper erfordert eine andere Ökonomie der Aufmerksamkeit und gibt den BesucherInnen Raum, ihre Beziehung zum Altern und zum Tod zu überdenken und neu zu verhandeln.

Boglárka Börcsök

 

The Art of Movement

Mit Éva E. Kovács, Irén Preisich, Ágnes Roboz Drehbuch & Regie Boglárka Börcsök Künstlerische Zusammenarbeit Andreas Bolm Editing Andreas Bolm & Boglárka Börcsök Cinematographie Lisa Rave Produktionsfirma Whole Wall Films Produktionsmanagement Elisa Calosi Farben, Licht Andreas Bolm Tonmischung Jochen Jezzusek Englische Übersetzung David Robert Evans

 

Gefördert von Tanzfonds Erbe – eine Initiative der Kulturstiftung des Bundes, La Musée de la Danse/ Centre choréographique de Rennes et de Bretagne, Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Berlin

 

Die Online-Premiere des Films am 25. Mai 2020 wurde unterstützt und gehostet von PACT Zollverein, Tanzquartier Wien und MMpraxis.

 

Figuring Age wurde unterstützt von Montag Modus/MMPraxis, PACT Zollverein, Atelier No.63, Workspace Brussels Residency Program, Hellerau – Europäisches Zentrum der Künste/ Residency Program.

 

Ein Teil des Werkes wurde im Rahmen der Aufführung „20 Dancers for the XX Century by Boris Charmat/Terrain“ entwickelt.

 

 

Boglárka Börcsök

Die Künstlerin und Performerin Boglárka Börcsök, geboren 1987 in Ungarn, studierte Tanz und Choreografie an der Anton Bruckner Privatuniversität in Österreich und bei P.A.R.T.S. in Belgien. Als Performerin arbeitete sie international mit verschiedenen Künstlern zusammen. Zu ihren bisherigen Projekten gehören Performances und Ausstellungen mit Kate McIntosh, Ligia Lewis, Tino Sehgal, Boris Charmatz und Joachim Koester, die sie in Theatern, Galerien und Museen weltweit präsentierte.

In den letzten Jahren arbeitete Boglárka Börcsök künstlerisch eng mit Eszter Salamon zusammen. Ihre jüngsten Werke sind Das Valeska-Gert-Museum und Das Valeska-Gert-Monument in Salamons MONUMENT-Reihe, die im Centre Pompidou, Kaaitheater, PACT Zollverein, ImPulsTanz-Festival und Museu Serralves gezeigt werden.

Boglárka Börcsök arbeitet an der Schnittstelle zwischen Tanz, Choreografie, Film-, Video- und Spracharbeit. Ihre Projekte gehen von persönlichen Begegnungen und der Praxis des Zuhörens und Schauens aus. Ihre Arbeiten beschäftigen sich mit verborgenen Geschichten, vergessenen Künstlern, ungesehenen Machterzählungen, die durch choreografische Methoden und Praktiken der Verkörperung erforscht werden. Boglárka Börcsök lebt und arbeitet in Berlin und Budapest.

© Andreas Bolm

Andreas Bolm

Der Filmemacher und Künstler Andreas Bolm wurde 1971 geboren. In seinen Filmen porträtiert er Menschen in ihrem sozialen und familiären Umfeld, indem er zugleich den schmalen Grat zwischen Dokumentation und Fiktion untersucht. Filme wie Ròzsa (2000), The Sleepers (2003), Jaba (2006), All The Children But One (2008) und School Files (2012) wurden auf vielen Festivals weltweit gezeigt. Jaba wurde 2006 auf dem Festival de Cannes präsentiert und auf dem Zinebi-Filmfestival in Bilbao als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Im Jahr 2009 nahm Andreas Bolm am Cinéfondation Résidence Festival de Cannes teil. Sein erster Spielfilm The Revenants wurde 2013 auf der 63. Berlinale, Perspektive Deutsches Kino, uraufgeführt und im MoMA in New York präsentiert. Im Jahr 2014 hatte Andreas Bolm ein sechsmonatiges Stipendium an der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart, wo er seinen zweiten Spielfilm Le Juge (2016) entwickelte. Derzeit arbeitet Andreas Bolm mit der ungarischen Künstlerin und Performerin Boglárka Börcsök an mehreren Film- und Performance-Projekten zusammen. Andreas Bolm lebt und arbeitet in Deutschland, Ungarn und Frankreich.

© Boglárka Börcsök